Mittwoch, 17. Oktober 2012



Pfingsten2011-3
Bettenhausen – Losburg

Der Regen hat aufgehört, aber das Wetter ist noch durchwachsen. Ein sehr karges Frühstück aus Kekskrümel und Wurstresten, dazu Wasser- es reicht für den ersten Hunger- denn ohne was im Magen ist unsere Greta morgens nicht ansprechbar, aber nach dem ersten Bissen hat sie immer gleich gute Laune.
Das ganze Geraffel zusammen gepackt und aufs Pferd verfrachtet,  nachdem der Stallbesitzer gestern keine Zeit für uns hatte schaut heute früh ganz kurz der Senior herein- wir dürfen nichts bezahlen! Ein Hoch auf die Schwarzwälder Gastfreundschaft!  Am Getränkehandel möchten wir noch 3 Flaschen Sprudel kaufen, auch diese sind gratis! Uns geht’s doch gut!
Nun müssen wir erst mal wieder auf den Jakobsweg gelangen, dafür folgen wir einfach dem Tal bis zum Nachbarort, Greta führt wie eine Große die Hakima, Klemens versucht dem Wald am gegenüberliegenden Hang ein Echo zu entlocken aber irgendwie haut das nicht so recht hin. Wenn dagegen der Papa losbrüllt kommt ein sattes Echo zurück! Siehste mal!
Am Wegrand stehen Sandsteine- sie markieren ein historisches Schlachtfeld, wo sich in alter Zeit viele Ritter gegenseitig die Köpfe eingeschlagen haben – unser Pferd findets grauslich und ziert sich, an den
Steinen vorbei zu gehen- aber der kleine Mensch am anderen Ende des Führstricks greift beherzt durch und führt das Pferd direkt an die Steine hin- die Eltern sind stolz auf das tüchtige Kind!
Am Ortseingang von Leinstetten steht eine hübsche Eselin auf der Weide- sie hat sich vor unserer dick bepackten Hakima sehr erschrocken und muß sich sehr aufregen.
Ein kurzes Stück weiter den Berg hoch kommt ein Mann aus dem Haus und fragt nach dem woher und wohin. Es ist der Besitzer des Esels – er hätte uns für die Nacht
gerne ein Stück Weide für Hakima gegeben, am Pfarrhaus finden wir ein Schild: Refugio – hach das klingt doch schon sehr pilgerisch!  Jammern nutzt nix- ist schon zu spät, die Nacht im Stall war auch o.k.
In der Dorfmitte kommen wir wieder auf den Jakobsweg. Pauline und ich statten der Kirche einen Besuch ab, finden ein Pilgerbuch und tragen uns ein, der Pilgerpaß bekommt einen weiteren Stempel. Die anderen werden draussen vor der Kirche von einer freundlichen Nachbarsfrau mit einem riesen Beutel Bonbons verwöhnt!
Die leute sind sehr freundlich, ein Bauer hält mit seinem Bulldock mitten auf der Strasse , steigt ab, kommt rüber, schaltet seine 2 Hörgeräte ein und fragt nach unserem Ziel. Er weiß für uns natürlich eine Abkürzung, sein Nachbar der sich nun auch einmischt weiß eine andere, natürlich bessere Variante- wir bedanken uns höflich und ziehen unseres Weges- noch mal auf Einheimische hören will ich nicht- ich hab ja Karte, Kompass und Pilgerbüchlein….
Eine Bäckerei- oh wie schön- wir haben Frühstückhunger- die Keksreste waren nicht sehr ergiebig…. Die Verkäuferin trägts mit Fassung, als wir 5 den Miniladen stürmen , sie macht sogar „Überstunden“ damit wir in Ruhe fertig essen können. Hakima hat mal wieder was fallen lassen, aber freundlicher weise direkt neben einer Mülltonne- und Schaufel und Besen stehen auch im Eck – wir sind im Schwabenland- man merkts…
Durch Wiesen und Wald führt der Weg mal wieder bergauf, Klemens und Pauline erklettern jeden Ansitz den sie finden- etwas Abenteuer muß ja schon sein.
Greta findet eine Schlange, Klemens untersucht sie mit seinem Stock- und tatsächlich die lebt!!  Wir Eltern sehen nur noch das Vieh im Gebüsch verschwinden- das ist so garnix für den Papa- denn der hat ne ordentliche Schlangenphobie!!!
Vorbei an einer Beerdigung, rein ins nächste Dorf. Kurze Sprudelpause vor einer Gaststätte, auf der Karte orientiert und weiter geht’s.
Steil geht’s im Wald bergab, ich schwör die Kinder schon auf den anstrengenden Aufstieg auf der anderen Talseite ein- Klemens meint, das wäre ein Kinderspiel- aha- dann beweiß das mal – und schon ist der Knabe wieder motiviert. Der Aufsteig ist dann gar nicht soo steil, die Kinder finden ein tolles Spiel- die Riesigen Blätter, die hier zu hauf wachsen mit den Haselnußruten zerschlagen… plötzlich fällt mir schlagartig ein- das sind Herkulespflanzen- stark giftig- die verbrennen die Haut- aber noch kein Kind hat eine Pflanze berührt, die Ruten werden sofort weggeworfen- Glück gehabt!
Oben kommen wir aus dem Wald. Obstwiesen, schöne Aussichten über den dunklen Tannenwald. Vor uns ein kleiner Weiler, ein Schild:  Gasthaus zur alten Kirche
 Klingt gut, da pilgern wir hin. Eine Gänsefamilie mit niedlichen Kücken begrüsst uns, steil führt die Auffahrt hinauf. Hier wurde eine uralte romanische Kirche zu einem Gasthaus umfunktioniert. Innen sind noch die Fresken an den Wänden, in der Aspis kann man speisen und sein Bierchen trinken. Ein besonderer Ort! Leider ist das Gasthaus proppe voll, eine Busladung Rentner tafelt hier, so setzen wir uns vor´s Haus zu Hakima und bestellen Kaffee und Fanta.
Wir genießen die Pause und bis auf die üblichen kleine Zwischenfälle wie ein umgeworfenes Glas oder von Hakima angefressene Blumen ist es sehr ruhig hier…. Als Single wären solche Dinge einem peinlich, als Eltern ist man froh wenn nicht mehr passiert…*grins*
Wir wollen zahlen- und augenblicklich beschließt die gesamte Rentnerschar auch aufzubrechen, ein ziemliches Durcheinander- wir sind froh, als und die Ruhe des Wanderweges wieder umfängt. Hakima nimmt auch einen tiefen Zug am Dorfbrunnen und schon sind wir wieder im Wald. Es ist wind und kalt, aber gut zu wandern. Der Wind treibt riesige Wolken tief über uns her- doch wenn man noch kein Nachtquartier hat ist das kein sehr beruhigender Anblick! Wir beschließen, im nächsten Ort ein Zimmer oder eine Fewo zu nehmen, für Hakima haben wir ja den Paddock dabei- wird schon klappen!
Es wandert sich bestens auf der Hochfläche- eben eben, keine tiefen Täler mehr für heute, aber es ist sehr frisch und sieht nach Regen aus.
Kurzer Stopp an einem Spielplatz, die Kinder sind begeistert, aber wir drängen weiter, wer weiß, was heute noch kommt, wir haben keine Lust auf eine Regenwanderung.
Unser Plan ist, in Loßburg, dem nächsten größeren Ort nach Quartier zu suchen.
Laut Pilgerführer gibt es in Loßburg ein gutes gastronomisches Angebot, lassen wir uns überraschen.
Vorbei an der Villa Schorsch  einem Wochenendhäuschen ziehen wir in Loßburg ein, durch eine triste Neubausiedlung, vorbei an Hochhäusern, alle mit einer gigantischen Aussicht auf die schöne Landschaft. Bei einem dieser etwas schäbigen Blocks steht eine Garagentüre offen- drinnen sitzt eine Gruppe alte Russlanddeutsche beim Kartenspiel, die Garage ist komplett wie ein 70er Jahre Wohnzimmer eingerichtet mit Teppichen , Fototapete und eicherustikal Möbeln. Die Leute haben eine großen Spaß, als unser Trupp aussen vorbei marschiert.
Wir gehen bis zur Jakobskirche, die heute ein Gemeindehaus ist und natürlich zu…
Plan A und auch der einzige: wir gehen bis zu einer Kneipe, wo man ev. aussen sitzen und das Pferd anbinden kann, dann fragen wir nach Unterkunft hier im Ort.
Entlang der Hauptstrasse finden wir zwar die im Pilgerführer erwähnten Gasthäuser, aber das sind große Betriebe oder Hotels- nicht sehr einladend für uns.  Da- an der Strasse eine Biertisch Garnitur, einige Biker sitzen hier, ein Schild „Biergarten hinter dem Haus“ – das scheint genau unser Haus zu sein…  O:K: der sog. Biergarten ist ein winziger Hinterhof mit 3 kleinen Plastiktischchen, aber wir können Hakima in den Durchgang zwischen die Häuser binden und uns erstmal niederlassen.
Wie ich die Hakima in die enge Gasse führe merke ich noch, wie sie an einem Pfosten hängen bleibt aber weiter vollends durchdrückt- komisch, vom Gefühl her hätte es passen müssen!?  Ich mache das Pferd fest und wir platzieren uns an einem der Tische.
Klemens mault und jammert etwas rum und zeigt uns seine „Wunden“ – er hat mal wieder nicht so recht aufgepasst und ist zwischen die Packtasche und den Absperrpfosten geraten- das war also dieser Widerstand. Nun hat er eine Schramme auf der Brust- aber ein Indianer kennt ja keinen Schmerz; Glück gehabt der Bursche!

Wir stellen fest, dass wir für unsere Zwecke- nämlich Quartierrecherche- das denkbar falsche Etablisement rausgesucht haben.  Kneipe mit jugoslawischer Wirtin und gut angesäuselter Stammkundschaft.  Aber wir bekommen sehr günstig nicht sehr gesundes zum Essen,  Pommes, Schnitzel und co. sind ja auch was wert…..
Die redseeligen Stammkunden in der Wirtschaft haben 1000 gute Tips für uns parat.
Entweder 10km ausserhalb, oder für uns völlig ungeeignet, sie kommen ob meiner Anfrage in eine wunderbare Diskussion, deren Ende ich gar nicht erst abgewartet habe. Ich ließ die Herrschaften in aller Ruhe weiterstreiten, ob die Dingsbumsbäuerin im XYDobeln eigentlich noch Kühe hat oder ob die Frau ABC eigentlich noch lebt oder doch schon1990 gestorben ist…….und wenn sie nicht gestorben sind, dann diskutieren sie heute noch!
Ich geh eine Runde auf die Strasse und halte Ausschau nach nüchternen Einheimischen, da hat die Dame im Erdbeerstand einen Tipp für mich. Ich soll doch mal bei der Touristen info nachschauen. Wie Touristeninfo?- ist doch Samstag Nachmittag?!  Aber tatsächlich haben die dort aussen am Gebäude einen Computer der bei der Quartierrecherche hilft. Ich notiere mir einige Adressen, schnapp mir noch 2 Schwarzwald Prospekte und begebe mich zurück nach Jugoslawien.
Ein zweites Weizenbier- und schon sieht die Welt nicht mehr so trübe aus, auch wenn es gerade wie aus Kübeln schüttet. Macht nix, Hakima steht trocken unter dem BW-Poncho und der Sonnenschirm über unserem Tisch scheint auch wasserdicht zu sein.
Steffi telefoniert die mitgebrachten Adressen ab- und gleich aufs erste erreicht sie einen sehr netten Herrn, der uns spontan eine  Unterkunft  zusagt!!
Allerdings müssen wir noch queer durch den Ort und dann noch gut 2km durch den Wald zu gehen. Aber was macht das schon, wenn einen eine Ferienwohnung erwartet!!
Der Regen hört auf, wir starten und der Regen beginnt wieder- Mist! Aber auch diese Prüfung schaffen wir spielend!  Wir kommen aus dem Wald, da wird das Wetter wieder gut, vor uns liegen malerisch zwischen riesigen Wiesen ein paar typische Schwarzwald Bauernhöfe.
Auf dem Waltershof steht das Haus der Großmutter leer, es wird nur ab und zu als Fewo vermietet. Hakima bekommt eine große Box direkt neben der Isländer Herde .
Der Hausherr weist uns ein,  er macht einen sehr fairen Preis und kassiert auch gleich ab, da er am anderen Morgen früh los will. Er zeigt uns, wo wir morgen früh den Schlüssel hinlegen sollen, wenn wir weiter ziehen. So viel Vertrauen ehrt uns!


Im Haus finde ich noch ein paar Teebeutel, unser Proviant ist sehr dürftig!
Schon bald geht es in die Betten – und auf eine mysteriöse Weise sind irgendwann im Laufe der Nacht alle beisammen in dem riesigen Omabett beim Gruppenkuscheln…
Wir hatten mal wieder eine gemütliche Nacht, während es draussen geschüttet hat. Das Wetter am Morgen ist mehr als bescheiden, so beschließen wir, hier abzubrechen.
Ich frage den Hausherren, ob er mich ein Stück des Weges mitnehmen kann und es zeigt sich, dass er bei Ergenzingen auf die Autobahn auffährt, dort steht ja unser Auto!  Also bringt er mich direkt zur Liebfrauen Höhe- welch ein Service!  Unterwegs frage ich ihn noch, ob wir im Sommer wieder kommen können um bei Ihm auf dem Hof unsere weitere Pilgertour zu starten. Den ganzen Sonntag regnet es, wir fahren nach Hause zurück – gut, dass wir heute nicht wandern müssen.  Im Sommer geht’s dann weiter – quer durch den Schwarzwald hinunter bis nach Freiburg- wir sind schon gespannt!



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