Pfingsten2011-3
Bettenhausen
– Losburg
Der Regen
hat aufgehört, aber das Wetter ist noch durchwachsen. Ein sehr karges Frühstück
aus Kekskrümel und Wurstresten, dazu Wasser- es reicht für den ersten Hunger-
denn ohne was im Magen ist unsere Greta morgens nicht ansprechbar, aber nach
dem ersten Bissen hat sie immer gleich gute Laune.
Das ganze
Geraffel zusammen gepackt und aufs Pferd verfrachtet, nachdem der Stallbesitzer gestern keine Zeit
für uns hatte schaut heute früh ganz kurz der Senior herein- wir dürfen nichts
bezahlen! Ein Hoch auf die Schwarzwälder Gastfreundschaft! Am Getränkehandel möchten wir noch 3 Flaschen
Sprudel kaufen, auch diese sind gratis! Uns geht’s doch gut!
Nun
müssen wir erst mal wieder auf den Jakobsweg gelangen, dafür folgen wir einfach
dem Tal bis zum Nachbarort, Greta führt wie eine Große die Hakima, Klemens
versucht dem Wald am gegenüberliegenden Hang ein Echo zu entlocken aber
irgendwie haut das nicht so recht hin. Wenn dagegen der Papa losbrüllt kommt
ein sattes Echo zurück! Siehste mal!
Am
Wegrand stehen Sandsteine- sie markieren ein historisches Schlachtfeld, wo sich
in alter Zeit viele Ritter gegenseitig die Köpfe eingeschlagen haben – unser
Pferd findets grauslich und ziert sich, an den
Steinen
vorbei zu gehen- aber der kleine Mensch am anderen Ende des Führstricks greift
beherzt durch und führt das Pferd direkt an die Steine hin- die Eltern sind
stolz auf das tüchtige Kind!
Am Ortseingang von Leinstetten steht eine hübsche Eselin
auf der Weide- sie hat sich vor unserer dick bepackten Hakima sehr erschrocken
und muß sich sehr aufregen.
Ein kurzes Stück weiter den Berg hoch kommt ein Mann aus
dem Haus und fragt nach dem woher und wohin. Es ist der Besitzer des Esels – er
hätte uns für die Nacht
gerne ein Stück Weide für Hakima gegeben, am Pfarrhaus
finden wir ein Schild: Refugio – hach das klingt doch schon sehr
pilgerisch! Jammern nutzt nix- ist schon
zu spät, die Nacht im Stall war auch o.k.
In der Dorfmitte kommen wir wieder auf den Jakobsweg.
Pauline und ich statten der Kirche einen Besuch ab, finden ein Pilgerbuch und
tragen uns ein, der Pilgerpaß bekommt einen weiteren Stempel. Die anderen
werden draussen vor der Kirche von einer freundlichen Nachbarsfrau mit einem
riesen Beutel Bonbons verwöhnt!
Die leute sind sehr freundlich, ein Bauer hält mit seinem
Bulldock mitten auf der Strasse , steigt ab, kommt rüber, schaltet seine 2
Hörgeräte ein und fragt nach unserem Ziel. Er weiß für uns natürlich eine
Abkürzung, sein Nachbar der sich nun auch einmischt weiß eine andere, natürlich
bessere Variante- wir bedanken uns höflich und ziehen unseres Weges- noch mal
auf Einheimische hören will ich nicht- ich hab ja Karte, Kompass und
Pilgerbüchlein….
Eine Bäckerei- oh wie schön- wir haben Frühstückhunger-
die Keksreste waren nicht sehr ergiebig…. Die Verkäuferin trägts mit Fassung,
als wir 5 den Miniladen stürmen , sie macht sogar „Überstunden“ damit wir in
Ruhe fertig essen können. Hakima hat mal wieder was fallen lassen, aber
freundlicher weise direkt neben einer Mülltonne- und Schaufel und Besen stehen
auch im Eck – wir sind im Schwabenland- man merkts…
Durch Wiesen und Wald führt der Weg mal wieder bergauf,
Klemens und Pauline erklettern jeden Ansitz den sie finden- etwas Abenteuer muß
ja schon sein.
Greta findet eine Schlange, Klemens untersucht sie mit
seinem Stock- und tatsächlich die lebt!!
Wir Eltern sehen nur noch das Vieh im Gebüsch verschwinden- das ist so
garnix für den Papa- denn der hat ne ordentliche Schlangenphobie!!!
Vorbei an einer Beerdigung, rein ins nächste Dorf. Kurze
Sprudelpause vor einer Gaststätte, auf der Karte orientiert und weiter geht’s.
Steil geht’s im Wald bergab, ich schwör die Kinder schon
auf den anstrengenden Aufstieg auf der anderen Talseite ein- Klemens meint, das
wäre ein Kinderspiel- aha- dann beweiß das mal – und schon ist der Knabe wieder
motiviert. Der Aufsteig ist dann gar nicht soo steil, die Kinder finden ein
tolles Spiel- die Riesigen Blätter, die hier zu hauf wachsen mit den
Haselnußruten zerschlagen… plötzlich fällt mir schlagartig ein- das sind
Herkulespflanzen- stark giftig- die verbrennen die Haut- aber noch kein Kind
hat eine Pflanze berührt, die Ruten werden sofort weggeworfen- Glück gehabt!
Oben kommen wir aus dem Wald. Obstwiesen, schöne
Aussichten über den dunklen Tannenwald. Vor uns ein kleiner Weiler, ein
Schild: Gasthaus zur alten Kirche
Klingt gut, da pilgern wir hin. Eine Gänsefamilie mit
niedlichen Kücken begrüsst uns, steil führt die Auffahrt hinauf. Hier wurde
eine uralte romanische Kirche zu einem Gasthaus umfunktioniert. Innen sind noch
die Fresken an den Wänden, in der Aspis kann man speisen und sein Bierchen
trinken. Ein besonderer Ort! Leider ist das Gasthaus proppe voll, eine
Busladung Rentner tafelt hier, so setzen wir uns vor´s Haus zu Hakima und
bestellen Kaffee und Fanta.
Wir genießen die Pause und bis auf die üblichen kleine
Zwischenfälle wie ein umgeworfenes Glas oder von Hakima angefressene Blumen ist
es sehr ruhig hier…. Als Single wären solche Dinge einem peinlich, als Eltern
ist man froh wenn nicht mehr passiert…*grins*
Wir wollen zahlen- und augenblicklich beschließt die
gesamte Rentnerschar auch aufzubrechen, ein ziemliches Durcheinander- wir sind
froh, als und die Ruhe des Wanderweges wieder umfängt. Hakima nimmt auch einen
tiefen Zug am Dorfbrunnen und schon sind wir wieder im Wald. Es ist wind und
kalt, aber gut zu wandern. Der Wind treibt riesige Wolken tief über uns her- doch
wenn man noch kein Nachtquartier hat ist das kein sehr beruhigender Anblick!
Wir beschließen, im nächsten Ort ein Zimmer oder eine Fewo zu nehmen, für
Hakima haben wir ja den Paddock dabei- wird schon klappen!
Es wandert sich bestens auf der Hochfläche- eben eben,
keine tiefen Täler mehr für heute, aber es ist sehr frisch und sieht nach Regen
aus.
Kurzer Stopp an einem Spielplatz, die Kinder sind
begeistert, aber wir drängen weiter, wer weiß, was heute noch kommt, wir haben
keine Lust auf eine Regenwanderung.
Unser Plan ist, in Loßburg, dem nächsten größeren Ort nach
Quartier zu suchen.
Laut Pilgerführer gibt es in Loßburg ein gutes
gastronomisches Angebot, lassen wir uns überraschen.
Vorbei an der Villa
Schorsch einem Wochenendhäuschen
ziehen wir in Loßburg ein, durch eine triste Neubausiedlung, vorbei an
Hochhäusern, alle mit einer gigantischen Aussicht auf die schöne Landschaft.
Bei einem dieser etwas schäbigen Blocks steht eine Garagentüre offen- drinnen
sitzt eine Gruppe alte Russlanddeutsche beim Kartenspiel, die Garage ist
komplett wie ein 70er Jahre Wohnzimmer eingerichtet mit Teppichen , Fototapete
und eicherustikal Möbeln. Die Leute haben eine großen Spaß, als unser Trupp
aussen vorbei marschiert.
Wir gehen bis zur Jakobskirche, die heute ein Gemeindehaus
ist und natürlich zu…
Plan A und auch der einzige: wir gehen bis zu einer
Kneipe, wo man ev. aussen sitzen und das Pferd anbinden kann, dann fragen wir
nach Unterkunft hier im Ort.
Entlang der Hauptstrasse finden wir zwar die im
Pilgerführer erwähnten Gasthäuser, aber das sind große Betriebe oder Hotels-
nicht sehr einladend für uns. Da- an der
Strasse eine Biertisch Garnitur, einige Biker sitzen hier, ein Schild
„Biergarten hinter dem Haus“ – das scheint genau unser Haus zu sein… O:K: der sog. Biergarten ist ein winziger
Hinterhof mit 3 kleinen Plastiktischchen, aber wir können Hakima in den Durchgang
zwischen die Häuser binden und uns erstmal niederlassen.
Wie ich die Hakima in die enge Gasse führe merke ich noch,
wie sie an einem Pfosten hängen bleibt aber weiter vollends durchdrückt-
komisch, vom Gefühl her hätte es passen müssen!? Ich mache das Pferd fest und wir platzieren
uns an einem der Tische.
Klemens mault und jammert etwas rum und zeigt uns seine
„Wunden“ – er hat mal wieder nicht so recht aufgepasst und ist zwischen die
Packtasche und den Absperrpfosten geraten- das war also dieser Widerstand. Nun
hat er eine Schramme auf der Brust- aber ein Indianer kennt ja keinen Schmerz;
Glück gehabt der Bursche!
Wir stellen fest, dass wir für unsere Zwecke- nämlich
Quartierrecherche- das denkbar falsche Etablisement rausgesucht haben. Kneipe mit jugoslawischer Wirtin und gut
angesäuselter Stammkundschaft. Aber wir
bekommen sehr günstig nicht sehr gesundes zum Essen, Pommes, Schnitzel und co. sind ja auch was
wert…..
Die redseeligen Stammkunden in der Wirtschaft haben 1000
gute Tips für uns parat.
Entweder 10km ausserhalb, oder für uns völlig ungeeignet,
sie kommen ob meiner Anfrage in eine wunderbare Diskussion, deren Ende ich gar
nicht erst abgewartet habe. Ich ließ die Herrschaften in aller Ruhe
weiterstreiten, ob die Dingsbumsbäuerin im XYDobeln eigentlich noch Kühe hat
oder ob die Frau ABC eigentlich noch lebt oder doch schon1990 gestorben
ist…….und wenn sie nicht gestorben sind, dann diskutieren sie heute noch!
Ich geh eine Runde auf die Strasse und halte Ausschau nach
nüchternen Einheimischen, da hat die Dame im Erdbeerstand einen Tipp für mich.
Ich soll doch mal bei der Touristen info nachschauen. Wie Touristeninfo?- ist
doch Samstag Nachmittag?! Aber
tatsächlich haben die dort aussen am Gebäude einen Computer der bei der
Quartierrecherche hilft. Ich notiere mir einige Adressen, schnapp mir noch 2
Schwarzwald Prospekte und begebe mich zurück nach Jugoslawien.
Ein zweites Weizenbier- und schon sieht die Welt nicht
mehr so trübe aus, auch wenn es gerade wie aus Kübeln schüttet. Macht nix,
Hakima steht trocken unter dem BW-Poncho und der Sonnenschirm über unserem
Tisch scheint auch wasserdicht zu sein.
Steffi telefoniert die mitgebrachten Adressen ab- und
gleich aufs erste erreicht sie einen sehr netten Herrn, der uns spontan
eine Unterkunft zusagt!!
Allerdings müssen wir noch queer durch den Ort und dann
noch gut 2km durch den Wald zu gehen. Aber was macht das schon, wenn einen eine
Ferienwohnung erwartet!!
Der Regen hört auf, wir starten und der Regen beginnt
wieder- Mist! Aber auch diese Prüfung schaffen wir spielend! Wir kommen aus dem Wald, da wird das Wetter
wieder gut, vor uns liegen malerisch zwischen riesigen Wiesen ein paar typische
Schwarzwald Bauernhöfe.
Auf dem Waltershof steht das Haus der Großmutter leer, es
wird nur ab und zu als Fewo vermietet. Hakima bekommt eine große Box direkt
neben der Isländer Herde .
Der Hausherr weist uns ein, er macht einen sehr fairen Preis und kassiert
auch gleich ab, da er am anderen Morgen früh los will. Er zeigt uns, wo wir
morgen früh den Schlüssel hinlegen sollen, wenn wir weiter ziehen. So viel
Vertrauen ehrt uns!
Im Haus finde ich noch ein paar Teebeutel, unser Proviant
ist sehr dürftig!
Schon bald geht es in die Betten – und auf eine mysteriöse
Weise sind irgendwann im Laufe der Nacht alle beisammen in dem riesigen Omabett
beim Gruppenkuscheln…
Wir hatten mal wieder eine gemütliche Nacht, während es
draussen geschüttet hat. Das Wetter am Morgen ist mehr als bescheiden, so
beschließen wir, hier abzubrechen.
Ich frage den Hausherren, ob er mich ein Stück des Weges
mitnehmen kann und es zeigt sich, dass er bei Ergenzingen auf die Autobahn
auffährt, dort steht ja unser Auto! Also
bringt er mich direkt zur Liebfrauen Höhe- welch ein Service! Unterwegs frage ich ihn noch, ob wir im
Sommer wieder kommen können um bei Ihm auf dem Hof unsere weitere Pilgertour zu
starten. Den ganzen Sonntag regnet es, wir fahren nach Hause zurück – gut, dass
wir heute nicht wandern müssen. Im
Sommer geht’s dann weiter – quer durch den Schwarzwald hinunter bis nach
Freiburg- wir sind schon gespannt!
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