9.
Letzter
Tag
Rottenburg- Liebfrauenhöhe
Das
Wetter ist nicht besser, aber auch nicht schlechter geworden- das ist doch
schon mal was!
Wir
bezahlen unser Zeche und Logis und starten . Das erste Ziel ist der Dom in
Rottenburg. Steffi meinte zwar, wir könnten gleich weiter, aber ich finde, der
Jakobsweg Rothenburg/Rottenburg endet nun mal am Dom und wird sollten da hin,
damit unsere Reise einen ordentlichen Abschluß hat.
Wir
wandern durch ein hübsches Tälchen, vorbei an einer einsamen Kirche hinein in
die Stadt.
Kaum sind
wir im Verkehr erschallt der Pinkelruf! Warum nicht einen Kilometer eher? Warum
immer an Orten wo man sehen muß, wie man die ganze Bagage aus dem Verkehr
bringt und ein halbwegs ruhiges Plätzchen findet?
In
Rottenburg reagieren die Leute mehr auf uns, wir werden nett gegrüßt, es wird
gewunken, wir schnappen Unterhaltungsfetzen auf wo immer wieder das Wort Pilger
fällt. Man kennt das hier.
Ein
Bauarbeiter kommt vom Gerüst und filmt mit seinem Handy unseren Einzug in die
Altstadt.
Der Dom
ist schnell gefunden. Direkt an der engsten Stelle der Strasse kommt ein
Polizeiauto und hält uns an. Ohje! Was ist nun schon wieder? Die junge Beamtin ist jedoch total begeistert
von uns und unserem Unternehmen, sie fragt uns aus und stört sich kein bisschen
daran, dass der ganze Verkehr aufgestaut wird. Sie bittet sogar um unsere
Telefon Nummer, damit sie sich mal in Ruhe melden und um Informationen
nachfragen kann.
Vor dem
Dom ist ein Brunnen- die Tiere saufen, die Menschen entern das Eiskaffee nebenan.
Die
Pferde werden an eine Straßenlaterne gebunden, der Hund wird abgelegt.
Pauline
und ich zünden im Dom Kerzen an für den guten Verlauf unserer Reise, für die
lieben Gastgeber u.s.w. Im Innern ist
diese altehrwürdige Kirche ziemlich modern ausgebaut. Die Kunstschätze werden
cool und schick präsentiert , wie in einer Kunsthalle. Man merkt, die Kurie hat
noch Geld . Es fehlt nur an der Basis. Über die Institution Kirche kann ich nur
den Kopf schütteln…
Stempel
für unseren Pilgerpaß bekommen wir in der Buchhandlung. Die Kirchenleute sind
im Urlaub- wo macht ein Kirchenfürst wohl Urlaub? Mallorca wohl eher nicht…oder?
Die Kids
bekommen Eis, die Eltern Milchkaffee. Eine durchgeknallte Hausfrau belagert
Steffi und erzählt tausend Dinge über ihre Sinnsuche, Ihre Probleme ihr
frustriertes Leben…
Manche
Touristen fotografieren uns, wir amüsieren uns über ein Paar, das uns nur
heimlich fotografiert. Sie stellt den Partner vor den Brunnen und tut nur so
als ob sie ihn im Visier hat- eigentlich fotografiert sie uns….
Eine
ältere Dame spricht uns an, sie erzählt von ihren Wanderritten und dass sie ihr
letztes eigengezogenes Pferd vor kurzem
mit 35 Jahren eingeschläfert hat. Nun
sind ihr Gatte uns sie zu alt, sie leben von den Erinnerungen an schöne Ritte in
ganz Süddeutschland , Österreich und
Frankreich. Sie hat Tränen in den Augen, streichelt ständig die Hakima und auch
ich bin ganz gerührt.
Ich suche
in der Buchhandlung nach einer Anschlußkarte, wo der Jakobsweg eingezeichnet ist und nach
dem Pilgerführer für die weitere Strecke über den Schwarzwald. Leider gibt’s
das hier nicht.
Bei der
3. Tasse Kaffee überlegen wir gerade, wie wir das mit der Rückreise in Angriff
nehmen, als das Telefon klingelt. Schwiegermutter ist dran. Sie hat heute
Urlaub und könnte mich abholen, falls wir eventuell heute schon zurück
wollten! Bingo! Das hat Jakobus mal wieder fein gerichtet.
Wir
beschliessen, noch eine knappe Tagesetappe weiter zu wandern – bis zur
Liebfrauen Höhe, das ist ein Kloster und Betreiber des Kloster Bauernhofes sind
alte Bekannte von uns aus Trekking Club Zeiten. Die haben 5 Kinder, einen Stall
voll Pferde – die sind belastbar- die kann man überfallen! Wir machen mit Oma Marlies die Leibfrauen
Höhe als Treffpunkt aus, packen zusammen und klappern durchs Städtlein
auswärts.
Der
Jakobsweg schwenkt in einem großen Bogen durch Dörfer und Felder bis zu unserem
heutigen Ziel, der Liebfrauen Höhe. Dazu habe ich aber gar keine Lust- es ist
saukalt – der Wind pfeift. Vor vielen Jahren bin hier schon geritten- durch das
schöne Rommelstal, welches oben auf
der Höhe direkt beim Kloster endet- da wollen wir gehen, da geht der Wind über.
Es ist etwas direkter.
Ehe wir
ins enge Tal hinab steigen gibt’s eine letzte Brotzeit auf einem Spielplatz,
die Vorräte machen nicht mehr viel her- ein bescheidenes Mahl!
Neben an
auf der Viehweide stehen Mutterkühe, Kälbchen und ein riesiger Bulle-
hoffentlich bleibt der auch da stehen!
Wie wir wieder aufbrechen baut er sich ganz nah am Zaun auf- höchste
Zeit, hier zu verschwinden.
Steil
geht’s hinunter in die enge Waldschlucht, hie und da stehen bizarre Felswände.
Das
Rommelstal ist wunderschön.
Diese
letzten Kilometer sind noch mal ein landschaftlicher Höhepunkt am Ende unserer
Tour.
Wie wir
auf dem Bauernhof einmarschieren ist die Überraschung groß.
Schnell
wird für unsere Pferde ein frisches Stück Wiese abgezäunt, sie werden
abgesattelt und versorgt.
Marlies
ist auch schon da, ein Teil vom Gepäck, die Kinder und ich wandern ins Auto und
sie bringt mich zum Startpunkt unserer Pilgerreise nach Steinbach.
Das
Gespann steht noch da, alle Reifen haben noch Luft und der Wagen springt an.
Marlies fährt zu uns nach Hause und bis Steffi, ich und die Pferde heim kommen
sind die Kinder hoffentlich schon gebadet und im Bett. Ich fahre zurück – in
kürzester Zeit die ganze Strecke, die wir nun tagelang gewandert sind.
Ein
netter Plausch noch mit den lieben Semmelmanns, dann kommen die Pferde in den
Hänger und wir fahren heim. Im nächsten ‚Jahr soll es ab hier weiter
gehen.
Steffi
fragt, warum wir nicht noch ein Stück dran hängen- sie hat im Kloster den
Anschluß –Pilgerführer kaufen können- aber zu spät, die Kinder sind schon zu
Hause. Auch ich wäre am liebsten einfach weiter gewandert!
Es war
trotz aller Strapazen eine tolle Tour. Im kommenden Jahr soll es so Gott will ,
über den Schwarzwald in Richtung Elass gehen.
G. Stier