3.Tag:
Wir
werden von der Pferdeweide Gastgeberin geweckt. Sie hat eine große Tüte Brezeln
dabei und einen Kanister frisches Wasser für Katzenwäsche und Zähneputzen. Enzo
lässt sie nicht in die Ruine- er mutiert zum Wachhund!
Noch ein
wenig im Schlafsackrumkuscheln , die Nacht war kurz und der Boden hart.. dann
geh ich los, die Pferde holen. Steffi und die Kinder fangen schon mal an
zusammen zu packen. Es spielt sich so langsam ein. Bis ich geputzt hab (sagte
ich schon, dass unsere Stuten- vor allem die schwarze- absolute Schlammschweine
sind?) und wer kam auf die blöde Idee,
Gewicht zu sparen und nur einen Putzhandschuh und einen Kinderplastik Striegel
mitzunehmen?- also, bis ich geputzt und gesattelt hab kommen auch schon die
ersten Ortliebsäcke aus der Nobelherberge, und ich kann gleich mit dem „aufladen“ beginnen.
Wir haben
wasserdichte Outdoortaschen und Säcke in verschiedenen Farben, welche exakt in
die Packtaschen passen. Jede Tasche hat ihren festgelegten Inhalt und ihren
Platz , zu Hause wurde alles abgewogen, so dass die Pferde links und rechts
gleichmäßig belastet werden, damit keine Drücke entstehen. Das ist noch
wichtiger als beim Wanderreiten, da die Taschen viel ausladender sind und der
Schwerpunkt tiefer hängt.
Bis wir
losmarschieren ist auch die Morgensonne weg und es beginnt zu nieseln.
Heute
Vormittag geht es durch riesige Rebanlagen, die Talauen sind verbaut- wir sind
im Großraum Stuttgart.
Am
Ortsrand von Strümpfelbach kommen wir am Wohnhaus und Atelier von Herrn Nuß
vorbei – ein Bildhauer der für seine Bronzeplastiken bekannt ist.
Pilgerfigur vor der Strüpfelbacher Kirche von Nuß
Pilgerfigur vor der Strüpfelbacher Kirche von Nuß
Ich schätze seine Arbeiten sehr, doch dass da
so viele Figuren in der ganzen strasse und in den angrenzenden Weinbergen rumstehen
konnte ich mir nicht vorstellen! Die
Kinder freuts- sie amüsieren sich über all die Nackten die sogar auf den
Dächern und Kaminen hocken, stehen, liegen… da werden wir bestimmt noch mal
hinfahren und in Ruhe alles anschauen!
Es hat
sich eingeregnet. In der Dorfmitte ist
eine kleine Bäckerei mit Kaufladen, dort gibt’s erstmal Frühstück für Alle. Die
Pferde und Gepäck sind in die BW-Ponchos eingepackt und geparkt, Papa bekommt
seine 1,2,3 Tassen Kaffee.
Klemens
und Greta bekommen ihre Regenhosen an ehe sie weiter reiten dürfen. In
geschlossenen Ortschaften kommen sie aufs Pferd, da sind sie „Aufgeräumt“, an
gefährlichen Stellen wie Brücken etc. müssen sie runter und voraus gehen.
Bei
inzwischen kräftigem Regen ziehen wir durchs schöne Schwabenland – sind guter
Dinge, da dicht eingepackt und ohne Quartiersorgen- denn heute haben wir einen
Schlafplatz- zumindest die Menschen.
Wir
hatten ja die Liste mit Pilgerquartieren dabei und da rief ich eine Nummer in
Wernau an- soweit müssten wir es heute schaffen. Ein sehr netter Herr ging dran
und freute sich sichtlich, dass Pilger zu Besuch kommen wollen. Beim Thema Hund
schluckte er ganz kurz, dann war Enzo auch eingeladen. Nur die Pferde…hm er
überlegte, meinte aber, dass er das Problem schon irgendwie gelöst bekäme- in
der Nähe sind ettliche Höfe die Pensionspferdehaltung betreiben. Er war ganz
zuversichtlich.
Wir
marschierten durch den triefend nassen Wald (- hatte ich schon gesagt, dass es
ordentlich regnete?) bis das vertraute: ichmußPipi ertönte. Also Greta vom
Pferd gehoben, von den Regenklamotten befreit und Geschäftchen erledigen lassen
– doch was war das? Das Kind war naß bis auf die Haut! Und eis kalt! Sie war so
tapfer und hat keine Ton gesagt! Hier im strömenden Regen können wir nun nix
ändern- aber in der Ferne ist ein Aussiedlerhof zu sehen- also los, da hin!
An der
Einfahrt stehen gleich mehrere Schilder wie: Zutritt verboten; Privat,
Keine Einfahrt etc. Keine Menschenseele lässt sich blicken, das
Haus sieht frisch renoviert aus, die Nebengebäude sind (Um-) Baustelle. Wir rufen, klopfen – keiner da- nur ein
Minishetty Hengstlein hinter Schafgitter macht riesen Wallungen – unsere Stuten
beachten den kleinen Matcho jedoch gar nicht- vielleicht weil er gerade mal so
groß wie Enzo ist.!?
„Obelix“
„Obelix“
Die
Kinder sind begeistert von dem Burschen, Steffi hat „Fracksausen“ wegen den
vielen unfreundlichen Schildern, ich hab inzwischen ein großes Vordach
entdeckt, wo die Pferde eingeparkt werden – das Kind muß aus den Klamotten
raus- ob wir willkommen sind oder nicht!!
Zorra unter Dach geparkt
Zorra unter Dach geparkt
Greta
wird komplett umgezogen, die anderen 2 werden auf „Dichtigkeit“ überprüft und
ein kurzer Snack muß auch sein. Da kommt der Hofbesitzer angefahren- Steffi
schaudert, aber der junge Mann strahlt über das ganze Gesicht und freut sich
über die Verrückten die bei diesem Wetter mit Sack und Pack durch den schwäb.
Wald ziehen. Der angekündigte Hofhund kommt auch daher und ist so freundlich
wie sein Herrchen- ein supersüßer Dackelwelpe! Der nette Mann entschuldigt sich,
dass er keine Zeit für uns hat- er müsse gleich wieder los , aber falls wir
wollen , können wir gerne im Stall-Rohbau übernachten – das soll demnächst eine
neue Pferdeklinik werden. Wir danken, aber wir möchten noch etwas Strecke
machen und freuen uns auf das Quartier in Wernau.
Nach
langem aber ebenem Marsch durch den Wald geht es steil hinab nach Plochingen.
Alte, enge und SEHR rutschige Pfade geht es hinunter ins
Tal- es ist halsbrecherisch -
die Kinder werden immer weit voraus geschickt, langsam kommen wir mit den Pferden nach.
die Kinder werden immer weit voraus geschickt, langsam kommen wir mit den Pferden nach.
Bei den
ersten Häusern rennt ein Eichhorn (Selbstmörder!) an uns vorbei, überholt uns,
die Pferde dann die Kinder, die mit dem Hund!! Vorauslaufen – ZACK- liegt das Kind auf der Nase
und der Hund samt Eichhörnchen verschwinden ums nächste Hauseck- Schei***!!!
Ein Pfiff
von Steffi, zweidrei Brüller von mir und der Hund kommt ganz verblüfft ums Eck
und wundert sich, warum wir so laut sind! Was sind wir stolz auf unseren
Jagditaliener, dass er trotz Beute vor der Nase wieder gehorsam zurückkommt!
Wir
müssen in Serpentinen die
Siedlungsstrassen runter Richtung Altstadt- und das rotschwänzige Mistviech
verfolgt uns mehrere Strassen weit und ärgert den Hund – es weiß gar nicht, wie
sehr es mit seinem bisschen Leben spielt!
Kurz die Fußgängerzone entlang geklappert, die Pferde am
Brunnen saufen lassen, beim gibt’s einen kurzen Lidl Vesperstop. Wir müssen über den Neckar-
ich lauf vor und erkunde- alles kein Problem- der Steg wird auch als Radweg
benutzt, wir sehen das Hunderwasserhaus und sind gleich darauf in den
Neckarauen.
Nur noch
wenige km, aber wir werden noch mal richtig naß! Es gießt wieder wie aus
Kübeln.
Als wir
eine Brücke zum unterstellen erreichen hört der Regen auf!
Zum
Quartier ist es nicht mehr weit, die Leute (Iris und Alfons Grupp) freuen sich
sichtlich- ein gutes Gefühl für uns, bei Fremden so willkommen zu sein! Für die
Pferde müssen wir noch eine Bleibe finden. Fam. Grupp
Iris
nimmt die Kinder ins Haus und legt die erst mal trocken, Steffi hält vor dem
Haus die Pferde und den Hund , ich darf naß und dreckig wie ich bin mit Alfons
losfahren, in der Nähe Höfe abklappern. Keine Chance! Niemand will uns kein Platz, keine Fremden
auf dem Hof etc. Weide geht schon gar
nicht- das ist Tierquälerei sagt ein… es ist frustrierend.
Alfons
hat Plan B! Der Garten seine
Schwiegermutter! Sie wohnt am Stadtrand und hat eine schönen!! Gemüse und
Blumengarten mit anschließendem Obstwieslein. Alles natürlich akurat gepflegt.
Alfons erreicht die Schwiegermutter nicht, beschließt aber, dass ich die Pferde
hier her führen soll. Der ganze Garten ist eingezäunt, nur den Gemüseteil müssen
wir noch mit unserer Litze vor den Pferden sichern. Ich weise ihn mehrmals
darauf hin, dass die Pferde Eisen tragen und dass der gepflegte Rasen morgen
wohl keiner mehr ist bei diesem nassen Boden. Kein Problem meint er und ist
sichtlich gut gelaunt ob seiner guten Idee.
Also
zurück ins Städtchen, unsere Taschen runter, was unwichtig ist bleibt drauf,
das meiste Gepäck kommt dann in den Schuppen im Garten. Ich bring die Pferde zu
der „Weide“ und sattle ab, Alfons begibt sich erneut auf die Suche, um die Oma
vorzuwarnen- aber er findet sie nirgends- wird wohl in der Kirche sein meint
er.
Wieder
zurück zum Haus, ich darf endlich duschen und mir was trockenes anziehen.
Iris hat einen riesen Topf Spaghetti und zwei Soßen
gekocht. In diesem Haus weiß man was Pilger wünschen! Uns geht es gut. Sie
machen es uns leicht, sich willkommen und unbefangen zu fühlen!
Alfons
ist auch schon von zu Hause aus nach Santiago de Compostella gepilgert – an
einem Stück! Auch ettliche andere Pilgerwege sind die beiden schon gegangen.
Und weil sie so viele freundliche Hilfe unterwegs erfahren durften geben
Beide diese nun zu Hause an andere weiter. Vielen Dank nochmals!
Nach dem
Essen fahren wir Männer nochmals an den Stadtrand um nach der Oma und den
Pferden zu sehen. Sie hat die Pferde natürlich schon im Garten entdeckt und
auch gleich mit Äpfeln versorgt- sie freut sich über den vierbeinigen Besuch
und erzählt von ihren Kindertagen und den Pferden zu Hause auf dem Hof.
Sie ist
eine kleine, zierliche aber sehr energische Frau, die sich nun dran macht, die
vielen kleinen braunen Schnecken einzusammeln, die ihren Garten angreifen. Ich
helfe ihr und wir bekommen im Nu 3 kleine Eimer voll Salatzerstörer zusammen.
Mit ihren 89 Jahren pflegt sie einen sehenswerten Garten- Gemüse kombiniert mit
einer Flut Blumen – super schön!
Wenn nur
die vielen Schnecken nicht wären! Alfons
setzt Wasser auf um die Tiere ins Jenseits zu brühen, doch das dauert der Oma
zu lange- kurzerhand kippt sie Streusalz in die Eimer und rührt kräftig um,
damit auch kein Viech entkommt. Resolut die Dame!! Sie verspricht, heute Nacht
auf die Pferde aufzupassen- da kann ich beruhigt schlafen- ich bin mir sicher-
die hält Wache! Sie meint noch, sie hätte zufällig einen Hefezopf in der
Gefriertruhe, den soll ich mitnehmen – bis morgen früh ist der aufgetaut und
ergänzt unseren Proviant- da hilft kein NEIN sagen- der Hefezopf kommt mit auf
die Reise!
Im Haus
schlafen die Kinder schon. Iris ist beeindruckt, dass die so einfach ins Bett
(Schlafsack) gehen. Ist auch gut so, denn nun haben wir Erwachsene noch etwas
Ruhe und Zeit für ein Gläschen Rotwein und nette Gespräche (dabei erfahren wir,
dass die Oma jede Woche zig Hefezöpfe backt und in ganz Wernau und drum rum
verschenkt)
Nach
einer wirklich erholsamen Nacht bekommen wir ein opulentes Frühstück und die
übrigen Brötchen werden als Proviant geschmiert. Leider ist die Wäsche (wir
konnten waschen!!) nicht richtig trocken geworden und muß nun feucht in die
Tüten.
Alfons
fährt uns zu den Pferden raus. Oma ist schon im Garten und guter Ding- auch
wenn der Rasen nun nicht mehr sehr fein ist. Sie füttert noch mal Äpfel und
beginnt, die Hufspuren wieder glatt zu treten…
Putzen,
satteln, packen – ein herzliches Dankeschön und Lebewohl! Wir sind erholt, es
regnet nicht und wir kommen flott voran- fast so schnell wie die Joggerin da
vor uns…nein schneller- der Abstand wird kleiner…….. aber das ist ja schon der 4.Tag