Montag, 5. März 2012


9.
Letzter Tag
Rottenburg- Liebfrauenhöhe
Das Wetter ist nicht besser, aber auch nicht schlechter geworden- das ist doch schon mal was!
Wir bezahlen unser Zeche und Logis und starten . Das erste Ziel ist der Dom in Rottenburg. Steffi meinte zwar, wir könnten gleich weiter, aber ich finde, der Jakobsweg Rothenburg/Rottenburg endet nun mal am Dom und wird sollten da hin, damit unsere Reise einen ordentlichen Abschluß hat.
Wir wandern durch ein hübsches Tälchen, vorbei an einer einsamen Kirche hinein in die Stadt.
Kaum sind wir im Verkehr erschallt der Pinkelruf! Warum nicht einen Kilometer eher? Warum immer an Orten wo man sehen muß, wie man die ganze Bagage aus dem Verkehr bringt und ein halbwegs ruhiges Plätzchen findet?
In Rottenburg reagieren die Leute mehr auf uns, wir werden nett gegrüßt, es wird gewunken, wir schnappen Unterhaltungsfetzen auf wo immer wieder das Wort Pilger fällt. Man  kennt das hier.
Ein Bauarbeiter kommt vom Gerüst und filmt mit seinem Handy unseren Einzug in die Altstadt.
Der Dom ist schnell gefunden. Direkt an der engsten Stelle der Strasse kommt ein Polizeiauto und hält uns an. Ohje! Was ist nun schon wieder?  Die junge Beamtin ist jedoch total begeistert von uns und unserem Unternehmen, sie fragt uns aus und stört sich kein bisschen daran, dass der ganze Verkehr aufgestaut wird. Sie bittet sogar um unsere Telefon Nummer, damit sie sich mal in Ruhe melden und um Informationen nachfragen kann.
Vor dem Dom ist ein Brunnen- die Tiere saufen, die Menschen entern das Eiskaffee nebenan.

Die Pferde werden an eine Straßenlaterne gebunden, der Hund wird abgelegt.
Pauline und ich zünden im Dom Kerzen an für den guten Verlauf unserer Reise, für die lieben Gastgeber u.s.w.  Im Innern ist diese altehrwürdige Kirche ziemlich modern ausgebaut. Die Kunstschätze werden cool und schick präsentiert , wie in einer Kunsthalle. Man merkt, die Kurie hat noch Geld . Es fehlt nur an der Basis. Über die Institution Kirche kann ich nur den Kopf schütteln…
Stempel für unseren Pilgerpaß bekommen wir in der Buchhandlung. Die Kirchenleute sind im Urlaub- wo macht ein Kirchenfürst wohl Urlaub?  Mallorca wohl eher nicht…oder?

Die Kids bekommen Eis, die Eltern Milchkaffee. Eine durchgeknallte Hausfrau belagert Steffi und erzählt tausend Dinge über ihre Sinnsuche, Ihre Probleme ihr frustriertes Leben…
Manche Touristen fotografieren uns, wir amüsieren uns über ein Paar, das uns nur heimlich fotografiert. Sie stellt den Partner vor den Brunnen und tut nur so als ob sie ihn im Visier hat- eigentlich fotografiert sie uns….
Eine ältere Dame spricht uns an, sie erzählt von ihren Wanderritten und dass sie ihr letztes eigengezogenes  Pferd vor kurzem mit 35 Jahren eingeschläfert hat.  Nun sind ihr Gatte uns sie zu alt, sie leben von den Erinnerungen an schöne Ritte in ganz Süddeutschland ,  Österreich und Frankreich. Sie hat Tränen in den Augen, streichelt ständig die Hakima und auch ich bin ganz gerührt.
Ich suche in der Buchhandlung nach einer Anschlußkarte,  wo der Jakobsweg eingezeichnet ist und nach dem Pilgerführer für die weitere Strecke über den Schwarzwald. Leider gibt’s das hier nicht.
Bei der 3. Tasse Kaffee überlegen wir gerade, wie wir das mit der Rückreise in Angriff nehmen, als das Telefon klingelt. Schwiegermutter ist dran. Sie hat heute Urlaub und könnte mich abholen, falls wir eventuell heute schon zurück wollten!  Bingo!  Das hat Jakobus mal wieder fein gerichtet.
Wir beschliessen, noch eine knappe Tagesetappe weiter zu wandern – bis zur Liebfrauen Höhe, das ist ein Kloster und Betreiber des Kloster Bauernhofes sind alte Bekannte von uns aus Trekking Club Zeiten. Die haben 5 Kinder, einen Stall voll Pferde – die sind belastbar- die kann man überfallen!  Wir machen mit Oma Marlies die Leibfrauen Höhe als Treffpunkt aus, packen zusammen und klappern durchs Städtlein auswärts.
Der Jakobsweg schwenkt in einem großen Bogen durch Dörfer und Felder bis zu unserem heutigen Ziel, der Liebfrauen Höhe. Dazu habe ich aber gar keine Lust- es ist saukalt – der Wind pfeift. Vor vielen Jahren bin hier schon geritten- durch das schöne Rommelstal, welches oben auf der Höhe direkt beim Kloster endet- da wollen wir gehen, da geht der Wind über. Es ist etwas direkter.
Ehe wir ins enge Tal hinab steigen gibt’s eine letzte Brotzeit auf einem Spielplatz, die Vorräte machen nicht mehr viel her- ein bescheidenes Mahl!


Neben an auf der Viehweide stehen Mutterkühe, Kälbchen und ein riesiger Bulle- hoffentlich bleibt der auch da stehen!   Wie wir wieder aufbrechen baut er sich ganz nah am Zaun auf- höchste Zeit, hier zu verschwinden.

Steil geht’s hinunter in die enge Waldschlucht, hie und da stehen bizarre Felswände.
Das Rommelstal ist wunderschön.
Diese letzten Kilometer sind noch mal ein landschaftlicher Höhepunkt am Ende unserer Tour.
Wie wir auf dem Bauernhof einmarschieren ist die Überraschung groß.

Schnell wird für unsere Pferde ein frisches Stück Wiese abgezäunt, sie werden abgesattelt und versorgt.
Marlies ist auch schon da, ein Teil vom Gepäck, die Kinder und ich wandern ins Auto und sie bringt mich zum Startpunkt unserer Pilgerreise nach Steinbach.
Das Gespann steht noch da, alle Reifen haben noch Luft und der Wagen springt an. Marlies fährt zu uns nach Hause und bis Steffi, ich und die Pferde heim kommen sind die Kinder hoffentlich schon gebadet und im Bett. Ich fahre zurück – in kürzester Zeit die ganze Strecke, die wir nun tagelang gewandert sind.
Ein netter Plausch noch mit den lieben Semmelmanns, dann kommen die Pferde in den Hänger und wir fahren heim. Im nächsten ‚Jahr soll es ab hier weiter gehen. 
Steffi fragt, warum wir nicht noch ein Stück dran hängen- sie hat im Kloster den Anschluß –Pilgerführer kaufen können- aber zu spät, die Kinder sind schon zu Hause. Auch ich wäre am liebsten einfach weiter gewandert!
Es war trotz aller Strapazen eine tolle Tour. Im kommenden Jahr soll es so Gott will , über den Schwarzwald in Richtung Elass gehen.

G. Stier



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