8.Tag
Wir wandern in den Tag oder in den Regen, oder wie man
halt so sagt..
Hinter uns die hässlichen Hochhäuser, vor uns ein toller
blick über die dicht bewaldeten Hügel des Schönbuch.
Es ist saukalt und
windig, 2 Frühstücke machen träge- keiner hat so recht Lust..
Heute geht’s mitten durch Tübingen, deshalb werden die Kinder schon mal gebrieft: auf
Autos achten, SOFORT auf Zuruf herkommen, zusammen bleiben
etc. alles was man halt als besorgte Eltern so sagt…
Der Weg führt durch eine wunderschöne Maronen(!) Allee zum
Rand der Stadt. Und da haben wir sie auch schon: Schnellstrasse, Treppe,
Unterführung, schwitzende Joggingmama, die mault, weil wir zu langsam sind,
missbilligende Blicke von Fußgängern – keine 150 mete und schon so richtig
drin!
Aber der Jakobsweg führt vorbei an einem riesen Bunker von
Altersheim in ein kleines Tal- eine richtig tiefe , einsame Waldschlucht-
genannt das Elyseum, führt bergab in Richtung Neckartal. Wir vergessen
augenblicklich, dass wir eigentlich von einre großen Stadt umgeben sind- hier
ist Natur pur – unglaublich!
Ein gutes Stück bergab finden wir eine eigenartigen
Gedenkstein- er markiert den geographischen Mittelpunkt von Baden Württemberg.
Eigenartig für uns
„Randzonen- Bewohner “- da sind wir doch nun schon so weit südlich und das soll
erst die Mitte sein??!?
Ein Stück weiter weicht der Wald nun Obstgärten- der ganze
Hang ist voller Wochenend Gründstücke oder auf gut schwäbisch „Stückle“ oder
„Gütle“. Viele sehr schöne alte Gartenhäuser, Natursteinmauern, Obstbäume,
steile Treppen. Oft liebevoll gepflegt, manchmal völlig verwildert und von der
Natur zurück erobert.
Das Tal mündet plötzlich in eine große Kreuzung, das
urbane Leben hat uns wieder. Auf der Strasse ist VIEL hektischer Verkehr, wir
gehen auf dem Gehweg und müssen höllisch auf Autospiegel achten!
Die nächsten Unterführungen- nichts besonderes, dann ein
reiner Fußweg, eingezwängt zwischen Mauern- und wie es von hier oben am Berg
aussieht ist da unten wohl eine Treppe.
Also Kinder vor geschickt- sie geben Zeichen – Treppe –
groß!
Also ich runter- hmm Treppe, sehr groß. Eine nette
Passantin kommt vorbei und meint, dass wir das nicht schaffen würden und wir
ganz weit aussenrum sollten. Das darf
man mir NICHT sagen- da ist mein Ehrgeiz geweckt.
Nochmal einen Blick auf die Treppe geworfen- sie endet
unten neben einer 4 spurigen Schnellstrasse. Kinder abgesetzt- dableiben! Hund
bewachen! Nicht von der Stelle rühren! Ich hol die Mama und die Pferde!
Wieder den Berg hoch geschnauft. Oben lässt Steffi die
Pferde eine Verkehrsinsel abgrasen und hat neue Bekannte gefunden. Die Leute
aus den Nachbarhäusern sind mit ihren Digicams gekommen um diese Verrückten da
zu fotografieren. Pferde waren in dieser Strasse bestimmt schon seit den 50er
Jahren nicht mehr…
Einer der Passanten outet sich als Profi und will wissen,
warum wir die Pferde ohne Gebiss im
Maul führen- das wäre viel zu gefährlich- er könne seine
Warmblüter zu Hause ohne Gebiss nicht über den Hof führen - hmm mir würde das zu denken geben…
Steffi verkündet mir, dass auf der anderen Strassenseite
eine Rampe für Radfahrer hinunter führt- völlig easy für uns! Und ich Idiot
habe die Kinder da unten gelassen – also noch mal runter die Kinder und den
Hund holen, oben von der inzwischen noch mehr angewachsenen Schar Schaulustiger
verabschieden und los geht’s.
Mitten rein in die große Stadt.
Ettliche Leute die uns begegnen schauen, als ob wir mit
unserem Anblick ihnen den ganzen Tag versaut hätten. Die paar, die sich über
uns freuen, freuen sich dafür umso mehr und herzlicher!
In der Altstadt, ein enges Gässlein mit Kopfsteinpflaster-
vor uns springt eine junge Radfahrerin von ihrem Fahrzeug und verkündet
freudestrahlend, dass sie die gleichen Packtaschen habe wie wir. Nein nicht die
am Rad sondern zu Hause bei ihren Pony´s.
Es entsteht ein nettes Gespräch, eigentlich möchte ich
gerne etwas weiter, wir sind hier zwischen Häuser, Verkehr und ihrem Fahrrad
eingeklemmt – und schon rumpelt ein riesiges Müllauto um die Ecke- damit es um
die Kurve kommt, fährt es der Hakima fast dem Ars** ab. Da halte selbst ich
kurz die Luft an- doch mein Rösslein steht wie eine eins!
SchweißvonderStirnwisch! Ist ja ein Kind
drauf! Und eh ich mich versehe, kippt der mit lautem Getöse einen Container
hinten rein! Mein alter Gaul dreht zwar den Kopf und schaut (ist ja erlaubt)
aber bewegt sich keinen cm! Und wenn die Alte steht, dann juckts die Junge
schon mal gar nicht.. Was haben wir doch
für tolle Ponies!!
Das Müllauto ist weg, die junge Frau redet immer noch ohne
Punkt und Komma. Ich dränge daruf, etwas weiter zu gehen, dahin, wo etwas mehr
Platz ist. Wir erfahren noch mehr über all ihre Wanderritte, als Hakima
plötzlich ihr großes Geschäft macht –so ein
Mist! (im wahrsten Sinn des Wortes..) das hat mir hier gerade noch
gefehlt, hier ist kein Bordstein, wo man das mit dem Fuß mal eben hätte
hinschieben können – kaum ausgedacht, schon schießt eine Person mit aufgemaltem
Gesicht aus dem Büro vor dem wir nun mal stehen und keift:
daswirdabersooofoortweggemacht!!! - klar
selbstverständlich, wir sind ja nicht so, Hätten Sie mal eine Schaufel und
einen Besen?
MeinBesenwirdmitsowasnichtversautSauereielendige!!
Irgendwie löst dieses Gekeife in Hakima was aus und sie
macht dann gleich auch noch das andere Geschäft , worauf hin die Person mit dem
aufgemalten Gesicht entsetzt wegspringt, weil´s ihr an die Nylons spritzt…huh-
hätt ich jetzt echt nicht haben müssen…eine wirklich nette, praktisch
veranlagte ältere Dame, die das Ganze im Vorbeigehen miterlebt hat hält kurz an
und meint, ich solle doch nebenan ins Bürgerbüro gehen, da gibt’s kostenlos den
Gelben Sack.
Gesagt getan, ich hechte nebenan ins Bürgerbüro, die Dame
hinter dem Tresen schaut mich unwirsch an- ich hätte gerne einen gelben Sack –
gibt’s nicht! Sagt sie – einen gibt’s nicht- nur eine ganz Rolle! Ich brauch aber nur einen – gibt’s nicht-
alle oder keinen- o.k. alle, danke,
tschüs!
Also die ganze Sch*** in den Sack. Vom Hundehäufchen bin
ich das ja gewohnt, aber so ein Pferdehaufen ist noch mal ein ganz anderes
Kaliber- und Zorra hat aus lauter Solidarität auch noch einen Haufen neben dran
gemacht- nun war ich froh an meinen vielen Säcken! Sind nun doch einige
geworden. Schnell die immer noch quasselnde Wanderreiterin verabschiedet und
weiter- ich mit einem Bündel Mistsäcken in der Hand- wo ist der nächste
Mülleimer- natürlich keiner da! Hoffentlich hält das Material!
Wir kommen endlich an der Jakobskirche an, ein ruhiger
Platz mitten in der Altstadt – und ringsherum Mülleimer –super, denn die Dinger
sind so klein, da passen meine Säcke gar nicht alle rein, die muß ich
verteilen!
Wir besichtigen die Kirche
und – wunderbar- Pauline entdeckt auch gleich die
Toilette- ist toll wenn man praktisch veranlagte Kinder hat- nun noch schnell
Hände waschen und gepflegt andere Dinge erledigen. Alles ist gut.
Die Jakobusbäckerei neben der Kirche ist geschlossen.
Die Muschelzeichen führen uns durch die engen
Altstadtgassen und die Fußgängerzonen. Viel los hier!
Vorbei am historischen Rathaus, die Hufeisen klappern
fröhlich auf dem Pflaster und die Touristen haben was zum fotografieren.
Die Muschel führt uns mal wieder an eine Treppe, doch es
ist so eng zwischen den Häusern, dass für die bepackten Pferde kein durchkommen
ist. Der Umweg wird schnell gefunden und es geht steil hinauf in Richtung
Schloß. Der Jakobsweg führt durch das Schloß – durch das erste prächtige Tor
- durch das zweite etwas kleinere Tor,
über den Schlosshof
und hinten durch ein Minitor wieder hinaus!
oh nein! Das ist so eine Art Durchlaß, der führt unter dem
ganzen Gebäude hindurch - niedrig, eng, lang und dunkel… es könnte gehen, die Taschen werden aber
sicher streifen… Vorsichtshalber lauf
ich schon mal durch und schau, wie es hinten weiter geht – und siehe da- ein
Mini Hof und dann ein weiterer Tunnel- aber diesmal abwärts mit Treppe- hier
ist garantiert kein Durchkommen für die Pferde!
Kommando zurück!
Das hab ich noch nie leiden können, wenn ich auf einer Tour zurück muß.
Hier geht es noch- wir haben wenigstens den Schlosshof besichtigt und die
Aussicht auf das Tal genossen!
Aber dann heißt es zurück- hinunter in die Altstadt und
ganz aussen herum um den Schlossberg- und was man runter geht muß man
irgendwann auch wieder hinauf..
Es geht ewig lang durch Strassen mit prächtigen alten
Villen – hier muß es viele Ärzte und Anwälte geben- oder wer wohnt da so
feudal.?
Es ist eine anstrengende Etappe- immer bergauf, Asphalt
klappern, Verkehr, ein zweites Mal kommen wir fast unter einen Müllwagen und plötzlich sind wir am Stadtrand – hurra
wir sind durch!! die Natur hat uns wieder!
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