Mittwoch, 29. Februar 2012


3.Tag:

Wir werden von der Pferdeweide Gastgeberin geweckt. Sie hat eine große Tüte Brezeln dabei und einen Kanister frisches Wasser für Katzenwäsche und Zähneputzen. Enzo lässt sie nicht in die Ruine- er mutiert zum Wachhund!

Noch ein wenig im Schlafsackrumkuscheln , die Nacht war kurz und der Boden hart.. dann geh ich los, die Pferde holen. Steffi und die Kinder fangen schon mal an zusammen zu packen. Es spielt sich so langsam ein. Bis ich geputzt hab (sagte ich schon, dass unsere Stuten- vor allem die schwarze- absolute Schlammschweine sind?)  und wer kam auf die blöde Idee, Gewicht zu sparen und nur einen Putzhandschuh und einen Kinderplastik Striegel mitzunehmen?- also, bis ich geputzt und gesattelt hab kommen auch schon die ersten Ortliebsäcke aus der Nobelherberge, und ich  kann gleich mit dem „aufladen“ beginnen.

Wir haben wasserdichte Outdoortaschen und Säcke in verschiedenen Farben, welche exakt in die Packtaschen passen. Jede Tasche hat ihren festgelegten Inhalt und ihren Platz , zu Hause wurde alles abgewogen, so dass die Pferde links und rechts gleichmäßig belastet werden, damit keine Drücke entstehen. Das ist noch wichtiger als beim Wanderreiten, da die Taschen viel ausladender sind und der Schwerpunkt tiefer hängt.
Bis wir losmarschieren ist auch die Morgensonne weg und es beginnt zu nieseln.
Heute Vormittag geht es durch riesige Rebanlagen, die Talauen sind verbaut- wir sind im Großraum Stuttgart.
Am Ortsrand von Strümpfelbach kommen wir am Wohnhaus und Atelier von Herrn Nuß vorbei – ein Bildhauer der für seine Bronzeplastiken bekannt ist.

Pilgerfigur vor der Strüpfelbacher Kirche von Nuß
 Ich schätze seine Arbeiten sehr, doch dass da so viele Figuren in der ganzen strasse und in den angrenzenden Weinbergen rumstehen konnte ich mir nicht vorstellen!  Die Kinder freuts- sie amüsieren sich über all die Nackten die sogar auf den Dächern und Kaminen hocken, stehen, liegen… da werden wir bestimmt noch mal hinfahren und in Ruhe alles anschauen!
Es hat sich eingeregnet. In der  Dorfmitte ist eine kleine Bäckerei mit Kaufladen, dort gibt’s erstmal Frühstück für Alle. Die Pferde und Gepäck sind in die BW-Ponchos eingepackt und geparkt, Papa bekommt seine 1,2,3 Tassen Kaffee.
Klemens und Greta bekommen ihre Regenhosen an ehe sie weiter reiten dürfen. In geschlossenen Ortschaften kommen sie aufs Pferd, da sind sie „Aufgeräumt“, an gefährlichen Stellen wie Brücken etc. müssen sie runter und voraus gehen.
Bei inzwischen kräftigem Regen ziehen wir durchs schöne Schwabenland – sind guter Dinge, da dicht eingepackt und ohne Quartiersorgen- denn heute haben wir einen Schlafplatz- zumindest die Menschen.
Wir hatten ja die Liste mit Pilgerquartieren dabei und da rief ich eine Nummer in Wernau an- soweit müssten wir es heute schaffen. Ein sehr netter Herr ging dran und freute sich sichtlich, dass Pilger zu Besuch kommen wollen. Beim Thema Hund schluckte er ganz kurz, dann war Enzo auch eingeladen. Nur die Pferde…hm er überlegte, meinte aber, dass er das Problem schon irgendwie gelöst bekäme- in der Nähe sind ettliche Höfe die Pensionspferdehaltung betreiben. Er war ganz zuversichtlich.
Wir marschierten durch den triefend nassen Wald (- hatte ich schon gesagt, dass es ordentlich regnete?) bis das vertraute: ichmußPipi ertönte. Also Greta vom Pferd gehoben, von den Regenklamotten befreit und Geschäftchen erledigen lassen – doch was war das? Das Kind war naß bis auf die Haut! Und eis kalt! Sie war so tapfer und hat keine Ton gesagt! Hier im strömenden Regen können wir nun nix ändern- aber in der Ferne ist ein Aussiedlerhof zu sehen- also los, da hin!
An der Einfahrt stehen gleich mehrere Schilder wie: Zutritt verboten;  Privat,  Keine Einfahrt  etc.  Keine Menschenseele lässt sich blicken, das Haus sieht frisch renoviert aus, die Nebengebäude sind (Um-) Baustelle.  Wir rufen, klopfen – keiner da- nur ein Minishetty Hengstlein hinter Schafgitter macht riesen Wallungen – unsere Stuten beachten den kleinen Matcho jedoch gar nicht- vielleicht weil er gerade mal so groß wie Enzo ist.!? 


„Obelix“
Die Kinder sind begeistert von dem Burschen, Steffi hat „Fracksausen“ wegen den vielen unfreundlichen Schildern, ich hab inzwischen ein großes Vordach entdeckt, wo die Pferde eingeparkt werden – das Kind muß aus den Klamotten raus- ob wir willkommen sind oder nicht!!

Zorra unter Dach geparkt
Greta wird komplett umgezogen, die anderen 2 werden auf „Dichtigkeit“ überprüft und ein kurzer Snack muß auch sein. Da kommt der Hofbesitzer angefahren- Steffi schaudert, aber der junge Mann strahlt über das ganze Gesicht und freut sich über die Verrückten die bei diesem Wetter mit Sack und Pack durch den schwäb. Wald ziehen. Der angekündigte Hofhund kommt auch daher und ist so freundlich wie sein Herrchen- ein supersüßer Dackelwelpe! Der nette Mann entschuldigt sich, dass er keine Zeit für uns hat- er müsse gleich wieder los , aber falls wir wollen , können wir gerne im Stall-Rohbau übernachten – das soll demnächst eine neue Pferdeklinik werden. Wir danken, aber wir möchten noch etwas Strecke machen und freuen uns auf das Quartier in Wernau.
Nach langem aber ebenem Marsch durch den Wald geht es steil hinab nach Plochingen.

Alte, enge und SEHR rutschige Pfade geht es hinunter ins Tal- es ist halsbrecherisch  - 

die Kinder werden immer weit voraus geschickt, langsam kommen wir mit den Pferden nach.
Bei den ersten Häusern rennt ein Eichhorn (Selbstmörder!) an uns vorbei, überholt uns, die Pferde dann die Kinder, die mit dem Hund!!   Vorauslaufen – ZACK- liegt das Kind auf der Nase und der Hund samt Eichhörnchen verschwinden ums nächste Hauseck- Schei***!!!
Ein Pfiff von Steffi, zweidrei Brüller von mir und der Hund kommt ganz verblüfft ums Eck und wundert sich, warum wir so laut sind! Was sind wir stolz auf unseren Jagditaliener, dass er trotz Beute vor der Nase wieder gehorsam zurückkommt!
Wir müssen in Serpentinen  die Siedlungsstrassen runter Richtung Altstadt- und das rotschwänzige Mistviech verfolgt uns mehrere Strassen weit und ärgert den Hund – es weiß gar nicht, wie sehr es mit seinem bisschen Leben spielt!
Kurz die Fußgängerzone entlang geklappert, die Pferde am Brunnen saufen lassen, beim gibt’s einen kurzen  Lidl Vesperstop. Wir müssen über den Neckar- ich lauf vor und erkunde- alles kein Problem- der Steg wird auch als Radweg benutzt, wir sehen das Hunderwasserhaus und sind gleich darauf in den Neckarauen.


Nur noch wenige km, aber wir werden noch mal richtig naß! Es gießt wieder wie aus Kübeln.
Als wir eine Brücke zum unterstellen erreichen hört der Regen auf!
Noch ein langer Steg, dann eine Unterführung (natürlich mit Treppe!)und wir sind in Wernau.
Zum Quartier ist es nicht mehr weit, die Leute (Iris und Alfons Grupp) freuen sich sichtlich- ein gutes Gefühl für uns, bei Fremden so willkommen zu sein! Für die Pferde müssen wir noch eine Bleibe finden. Fam. Grupp
Iris nimmt die Kinder ins Haus und legt die erst mal trocken, Steffi hält vor dem Haus die Pferde und den Hund , ich darf naß und dreckig wie ich bin mit Alfons losfahren, in der Nähe Höfe abklappern. Keine Chance!  Niemand will uns kein Platz, keine Fremden auf dem Hof etc.  Weide geht schon gar nicht- das ist Tierquälerei sagt ein… es ist frustrierend.
Alfons hat Plan B!  Der Garten seine Schwiegermutter! Sie wohnt am Stadtrand und hat eine schönen!! Gemüse und Blumengarten mit anschließendem Obstwieslein. Alles natürlich akurat gepflegt. Alfons erreicht die Schwiegermutter nicht, beschließt aber, dass ich die Pferde hier her führen soll. Der ganze Garten ist eingezäunt, nur den Gemüseteil müssen wir noch mit unserer Litze vor den Pferden sichern. Ich weise ihn mehrmals darauf hin, dass die Pferde Eisen tragen und dass der gepflegte Rasen morgen wohl keiner mehr ist bei diesem nassen Boden. Kein Problem meint er und ist sichtlich gut gelaunt ob seiner guten Idee.
Also zurück ins Städtchen, unsere Taschen runter, was unwichtig ist bleibt drauf, das meiste Gepäck kommt dann in den Schuppen im Garten. Ich bring die Pferde zu der „Weide“ und sattle ab, Alfons begibt sich erneut auf die Suche, um die Oma vorzuwarnen- aber er findet sie nirgends- wird wohl in der Kirche sein meint er.
Wieder zurück zum Haus, ich darf endlich duschen und mir was trockenes anziehen.
Iris hat einen riesen Topf Spaghetti und zwei Soßen gekocht. In diesem Haus weiß man was Pilger wünschen! Uns geht es gut. Sie machen es uns leicht, sich willkommen und unbefangen zu fühlen!
Alfons ist auch schon von zu Hause aus nach Santiago de Compostella gepilgert – an einem Stück! Auch ettliche andere Pilgerwege sind die beiden schon gegangen. Und weil sie so viele freundliche Hilfe unterwegs erfahren durften geben Beide  diese nun zu Hause  an andere weiter. Vielen Dank nochmals!
Nach dem Essen fahren wir Männer nochmals an den Stadtrand um nach der Oma und den Pferden zu sehen. Sie hat die Pferde natürlich schon im Garten entdeckt und auch gleich mit Äpfeln versorgt- sie freut sich über den vierbeinigen Besuch und erzählt von ihren Kindertagen und den Pferden zu Hause auf dem Hof.
Sie ist eine kleine, zierliche aber sehr energische Frau, die sich nun dran macht, die vielen kleinen braunen Schnecken einzusammeln, die ihren Garten angreifen. Ich helfe ihr und wir bekommen im Nu 3 kleine Eimer voll Salatzerstörer zusammen. Mit ihren 89 Jahren pflegt sie einen sehenswerten Garten- Gemüse kombiniert mit einer Flut Blumen – super schön!
Wenn nur die vielen Schnecken nicht wären!  Alfons setzt Wasser auf um die Tiere ins Jenseits zu brühen, doch das dauert der Oma zu lange- kurzerhand kippt sie Streusalz in die Eimer und rührt kräftig um, damit auch kein Viech entkommt. Resolut die Dame!! Sie verspricht, heute Nacht auf die Pferde aufzupassen- da kann ich beruhigt schlafen- ich bin mir sicher- die hält Wache! Sie meint noch, sie hätte zufällig einen Hefezopf in der Gefriertruhe, den soll ich mitnehmen – bis morgen früh ist der aufgetaut und ergänzt unseren Proviant- da hilft kein NEIN sagen- der Hefezopf kommt mit auf die Reise!
Im Haus schlafen die Kinder schon. Iris ist beeindruckt, dass die so einfach ins Bett (Schlafsack) gehen. Ist auch gut so, denn nun haben wir Erwachsene noch etwas Ruhe und Zeit für ein Gläschen Rotwein und nette Gespräche (dabei erfahren wir, dass die Oma jede Woche zig Hefezöpfe backt und in ganz Wernau und drum rum verschenkt)
Nach einer wirklich erholsamen Nacht bekommen wir ein opulentes Frühstück und die übrigen Brötchen werden als Proviant geschmiert. Leider ist die Wäsche (wir konnten waschen!!) nicht richtig trocken geworden und muß nun feucht in die Tüten.
Alfons fährt uns zu den Pferden raus. Oma ist schon im Garten und guter Ding- auch wenn der Rasen nun nicht mehr sehr fein ist. Sie füttert noch mal Äpfel und beginnt, die Hufspuren wieder glatt zu treten…
Putzen, satteln, packen – ein herzliches Dankeschön und Lebewohl! Wir sind erholt, es regnet nicht und wir kommen flott voran- fast so schnell wie die Joggerin da vor uns…nein schneller- der Abstand wird kleiner……..  aber das ist ja schon der 4.Tag

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